Marie-Anne Lenormand benutzte verschiedene Divinationssysteme, welche sie miteinander kombinierte. Die Karten waren jedoch ihr wichtigstes Werkzeug. Welche Karten sie im einzelnen benutzte, ist nicht genau bekannt. Es sollen aber verschiedene Decks gewesen sein, darunter auch Étteilla-Karten und der Tarot. Gelernt hat sie das Kartenlegen wahrscheinlich mit einfachen Spielkarten oder Étteilla-Karten. Viele haben schon versucht, ihr ?System? wieder zu entdecken, gelungen ist es jedoch keinem. Womöglich gab es da gar kein bestimmtes System, und wenn es eines gab, ist es fraglich, ob ein anderer als sie selbst damit ebenfalls derart genaue Aussagen machen könnte. Marie-Anne Lenormand war ganz augenscheinlich eine außergewöhnliche Seherin, die wohl wirklich so etwas, wie die Gabe des zweiten Gesichts hatte. Dennoch benutzte sie Hilfsmittel, wie die Karten, Astrologie, Kabbala und noch einige weitere. Könnte das nicht auch ein Hinweis darauf sein, das es gar nicht so wichtig ist, womit man arbeitet, wenn man nur die Zeichen zu deuten versteht? Natürlich hat nicht jeder Fähigkeiten wie die einer Marie-Anne Lenormand. Aber das gerade sie unterstützende Hilfsmittel benutzte, zeigt vielleicht, dass es durchaus Dinge gibt, die spirituelle Fähigkeiten unterstützen und "trainieren" helfen. Da wäre es dann gar nicht mehr so wichtig, ob der Tarot nun einen sehr alten und verborgenen Ursprung hat, oder vielleicht wirklich aus einem einfachen Kartenspiel entstanden ist. Auffällig ist zwar, dass Marie-Anne Lenormand bevorzugt Karten verwendete, genauso auffällig ist aber, dass sie verschiedene Decks benutzte, von denen der Tarot nur eines war. Es steckt ja vielleicht wirklich im Aufbau der Karten, seien es nun einfache Spielkarten oder Tarotkarten, irgend etwas, das unbewusste Fähigkeiten unterstützt, auch wenn sie nicht auf eine uralte Überlieferung zurückgehen. Warum fasziniert der Tarot so sehr, und zwar sowohl diejenigen, die davon überzeugt sind, daß es sich um eine sehr alte, geheime Überlieferung handelt, als auch diejenigen, die davon überzeugt sind, daß der Tarot aus einfachen Spielkarten entstanden ist und vor dem Mittelalter nicht existierte? Warum sind zum Beispiel so viele Astrologen gleichzeitig auch Tarotisten, obwohl sie doch mit der Astrologie ein fast wissenschaftliches Mittel an der Hand haben, welches ebenfalls und sehr fundiert zu spirituellen Zwecken und zu Divinationszwecken eingesetzt werden kann? Wieso können einige Tarotisten mit dem einen Deck besser arbeiten, als mit einem anderen? Die sehr schönen Bilder, die viele Tarots inzwischen zeigen, reichen zur Erklärung allein nicht aus. Viele dieser Decks sind regelrechte Kunstwerke und viele bekannte Maler haben im Laufe der Jahrhunderte Tarotkarten gemalt. Trotzdem kommt es oft vor, daß ein Tarotist feststellt, daß ein Deck, welches er von der Kartendarstellung her bevorzugt, nicht so gut zu ihm spricht, wie vielleicht ein anderes, viel einfacher gestaltetes Deck.
Das Interesse am Tarot erreichte im 19. Jahrhundert einen ersten Höhepunkt. Drei Männer trugen maßgeblich dazu bei: Jean-Baptiste Pitois (1811 - 1877), besser bekannt als Paul Christian, Alphonse Louis Constant (1810 - 1875), besser bekannt unter dem Namen Éliphas Lévi und Dr. Gerard Encausse (1865 - 1916), besser bekannt als Papus.
Paul Christian beschäftigte sich eingehend mit Tarot, Magie und Astrologie. Er wurde als Historiker, Journalist und Bibliograph von der französischen Regierung zum Archivar berufen und hatte dadurch auch Zugang zu Büchern, die aus alten Klosterbeständen stammten und während der Französischen Revolution im Jahre 1790 bei der Schließung französischer Klöster beschlagnahmt worden waren. Unter ihnen sollen sich auch okkulte Schriften befunden haben. Es wurde immer wieder der Verdacht laut, dass er dabei auf eine alte Schrift gestoßen sei, die mit dem Tarot zu tun haben könnte. Jedoch wurde das nie Bewiesen, noch wurde bisher eine solche Schrift gefunden. In seinem Buch "Histoire de la Magie" beschreibt er eine religiöse Zeremonie aus dem Alten Ägypten, die in 78 Stufen eingeteilt gewesen sein soll und in einer Halle ihren Höhepunkt fand, in der die 22 Trümpfe des Tarot im Bild dargestellt gewesen sein sollen. Er bezog sein Wissen angeblich aus einem der beschlagnahmten Klosterbücher. Christian veränderte die Bezeichnungen der Trümpfe in einer Art, die seiner Meinung nach wohl der ursprünglichen Bedeutung näher kam. Es war auch er, der den Begriff "Arkana" (Geheimnisse) anstelle von "Trümpfen" einführte. Wie auch schon Étteilla nummerierte er zudem die Karten von 1 - 78 durch, gemäß den 78 Stufen der von ihm beschriebenen altägyptischen Zeremonie.